Prävention, Bewegung & moderne Therapien

Unter dem Motto „Hab‘ ein Auge auf Dein Herz“ haben sich rund 200 Interessierte in der Wetzlarer Stadthalle über die neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen informiert. Ausrichter der Veranstaltung war die Medizinische Klinik I des Klinikums Wetzlar unter der Leitung von Chefarzt Professor Dr. Martin Brück.
Die Schirmherrschaft der Veranstaltung hatte Landrat Carsten Braun. Er sagte in seiner Begrüßung: „Herzgesundheit geht uns alle an. Prävention und Aufklärung sind entscheidend, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. Diese Veranstaltung leistet dazu einen wichtigen Beitrag.“
Für die Deutsche Herzstiftung e.V. begrüßte ihr Beauftragter für den Lahn-Dill-Kreis, Horst Peter Pohl.
Unbeliebte Cholesterinsenker
Dr. Agnes Förster, Oberärztin der Medizinischen Klinik I am Klinikum Wetzlar, erläuterte in ihrem Beitrag die Rolle von Cholesterin, das ein essentieller Bestandteile unseres Körpers ist. Erhöhte LDL-Werte können zu einer Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) führen, welche die Hauptursache für Herzkreislauf-Erkrankungen darstellt. Erhöhte LDL-Cholesterin-Werte können genetisch oder durch andere Ursachen wie einen ungesunden Lebensstil, bestimmte Medikamente oder andere Erkrankungen bedingt sein. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie sind entscheidend, um Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu vermeiden. Dabei muss eine gezielte Therapie individuell an das kardiovaskuläre Risiko des Patienten angepasst werden.
Neben der Behandlung mit Medikamenten wie Statinen oder alternativen Lipidsenkern ist eine gesunde Ernährung ein zentraler Bestandteil der Behandlung. „Ein gut eingestellter Cholesterinspiegel kann das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erheblich senken. Eine Kombination aus medikamentöser Therapie und gesunder Lebensweise ist dabei der Schlüssel zum Erfolg“, betonte Dr. Förster.
Die Aorta als Organ – was Patienten wissen sollten
Aufgabe, Risikofaktoren und Krankheitsbilder der Aorta war das Thema des Beitrages von Priv.-Doz. Dr. Paula Keschenau, Oberärztin der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Gießen/Marburg, Standort Gießen. Die Aorta ist die größte Arterie des Körpers und essenziell für die Blutversorgung. Zu den häufigsten Erkrankungen zählt das Aneurysma, eine gefährliche Erweiterung in den Gefäßwänden. Risikofaktoren sind, neben Alter und männlichem Geschlecht, Bluthochdruck, Rauchen, hoher Cholesterinspiegel und genetische Veranlagung.
„Seit dem Anfang 2024 wird die Aorta offiziell als eigenständiges Organ anerkannt. Diese neue Klassifikation fördert die Entwicklung eines spezialisierten Fachgebiets für die Aorta, was zu einer verbesserten und noch gezielteren Patientenversorgung führt“, erklärte die Gefäßspezialistin aus Gießen. „Die Aorta ist lebenswichtig, doch Erkrankungen lassen sich durch Prävention, Früherkennung und geeignete Behandlung gut kontrollieren“, so Dr. Keschenau.
Sport bei Herzschwäche
Wie kann Sport bei Herzschwäche helfen? Diese Frage beantwortete Georg Braig, Oberarzt der Medizinischen Klinik I am Klinikum Wetzlar, im anschließenden Vortrag und betonte, dass regelmäßige Bewegung für Patienten mit Herzschwäche eine essenzielle Therapieform darstellt. Aktuelle Studien zeigen, dass kontrolliertes Training die Herzfunktion verbessern kann. Geeignete Sportarten sind Walking, Radfahren und Schwimmen.
Der Einstieg sollte schrittweise unter ärztlicher Anleitung erfolgen. „Bewegung ist eine der besten Möglichkeiten, um die Belastbarkeit zu verbessern – aber mit Augenmaß und individuell angepasst“, erklärte Braig. Weitere positive Effekte seien unter anderem die Förderung der Durchblutung und Sauerstoffversorgung, der Abbau von Stress und die Senkung des Blutdrucks sowie des Körpergewichtes. Besonders wichtig beim Trainingseinstieg sei es, auf Warnsignale wie Atemnot, Brustschmerzen oder Schwindel zu achten und das Training bei Beschwerden sofort zu unterbrechen.
Neue schonende Verfahren zur Behandlung von Vorhofflimmern
Prof. Dr. Martin Brück widmete sich den neuesten Entwicklungen in der Behandlung von Vorhofflimmern, einer der häufigsten Herzrhythmusstörungen. Vorhofflimmern betrifft besonders ältere Menschen und kann durch ein EKG diagnostiziert werden. Es äußert sich oft durch Herzrasen, unregelmäßigen Puls, Schwindel oder Kurzatmigkeit. Ursachen sind unter anderem Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. Die Therapie reicht von blutverdünnenden Medikamenten bis hin zu rhythmusstabilisierenden Maßnahmen wie Kardioversion oder Ablation.
Ein bedeutender Fortschritt ist die Pulsed Field Ablation (PFA), die Prof. Brück als besonders schonendes Verfahren präsentierte. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden, die Hitze oder Kälte nutzen, arbeitet PFA mit kurzen elektrischen Feldern, die gezielt die fehlerhaften Herzmuskelzellen zerstören. „Bei der PFA wird ein Katheter über die Blutgefäße bis zum Herzen geführt. Dort werden gezielte elektrische Impulse abgegeben, die nur die erkrankten Zellen veröden, während umliegendes Gewebe wie Speiseröhre oder Blutgefäße geschont wird“, erklärte Prof. Dr. Brück. Dieser Vorgang ist besonders präzise und reduziert das Risiko von Komplikationen im Vergleich zu herkömmlichen Ablationsmethoden. „Mit der Pulsed Field Ablation können wir Vorhofflimmern noch gezielter und mit geringeren Nebenwirkungen behandeln“, verdeutlichte der Chefarzt abschließend.
