Atemnot und Abgeschlagenheit: Herzschwäche kann dahinterstecken

Die regelmäßig im November stattfinden „Herzwochen“ der Deutschen Herzstiftung können in diesem Jahr nur virtuell stattfinden. Sie stehen unter dem Thema „Das schwache Herz“. Dazu ist eine überarbeitete Broschüre erschienen, die Sie über die Herzstiftung (oder auch bei uns) bestellen können. Wir berichten hier und zeigen Erklärvideos zu Themen rund um die Herzschwäche.

Fünf bis sechs Liter Blut pro Minute pumpt das Herz durch unseren Körper und versorgt so unsere Organe mit lebenswichtigem Sauerstoff und
Nährstoffen. Schädigt aber ein Herzinfarkt oder ein unbehandelter Bluthochdruck den Herzmuskel, so dass der an Pumpkraft verliert und es kommt zur chronischen Herzschwäche (Herzinsuffizienz), hat das schwerwiegende Folgen. Nicht nur das Herz selbst, auch andere Organe wie Gehirn, Nieren oder Muskeln nehmen Schaden. Im fortgeschrittenen Stadium kann die Herzschwäche lebensbedrohlich bis hin zu Herzversagen oder plötzlichem Herztod werden.

Bundesweit sind pro Jahr rund 465.000 Klinikaufnahmen wegen einer entgleisten Herzschwäche zu verzeichnen, rund 40.000 sterben daran. „Tückisch an der Herzschwäche ist, dass sie meistens mit Atemnot und einer Leistungsabnahme beginnt. Die Beschwerden können unspektakulär sein: Man schafft die Bergwanderung nicht mehr oder beim Treppensteigen geht die Puste aus. Man ist müde, abgeschlagen und die Unterschenkel und Fußgelenke sind wie geschwollen, weil sich Flüssigkeit eingelagert hat“, berichtet Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.

„Für Patienten und Ärzte lassen sich diese teils diffusen Leitsymptome nicht immer gleich dem Herzen zuordnen. Das birgt die Gefahr, dass ältere Personen ihre Beschwerden dem Alter zuschreiben und hinnehmen, anstatt zum Arzt zu gehen. Wer aber unter Atemnot leidet, muss sofort zum Arzt, um die Herzschwäche und ihre Ursachen zu behandeln“, warnt der Kardiologe am Cardiolangiologischen Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt am Main.

Endstadium anderer Herzkrankheiten: Angriffspunkte für Therapie

Die Herzschwäche ist keine eigenständige Erkrankung, vielmehr münden in sie andere Herzkrankheiten. „Das macht die Herzschwäche zu einem komplexen Krankheitsgeschehen für Arzt und Patient, zumal in die Herzschwäche mehrere Herz- und Kreislauferkrankungen auf einmal münden können“, erläutert Voigtländer. Deren Behandlung mit Medikamenten, interventionellen und chirurgischen Verfahren sowie Lebensstilmaßnahmen müsse dann gut aufeinander abgestimmt werden. „Ist eine undichte Herzklappe oder eine verengte Herzkranzarterie als Ursache erstmal aufgedeckt, gibt es einen konkreten Angriffspunkt für die Behandlung.“ Bei weitem am wichtigsten unter den Ursachen einer Herzinsuffizienz sind die koronare Herzkrankheit (KHK) und Bluthochdruck, die rund 70 Prozent der Herzschwäche-Fälle zugrunde liegen. Die KHK ist eine Durchblutungsstörung wegen verengter Herzkranzgefäße („Arterienverkalkung“) und die Grunderkrankung des Herzinfarkts. Besonders gefährlich wird es, wenn KHK und Bluthochdruck mit Diabetes gemeinsam auftreten. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit einer Herzschwäche. „Bei Diabetikern kommt die Gefahr des stummen Herzinfarkts hinzu. Diabetes kann das Schmerzempfinden für die infarkttypischen Beschwerden derart vermindern, dass der Infarkt zu spät bemerkt und notfallmedizinisch versorgt wird. Herzmuskel stirbt ab“, so der
Herzspezialist. Für etwa 20 bis 30 Prozent der Herzschwäche-Fälle sind defekte Herzklappen, Vorhofflimmern, angeborene Herzfehler, entzündliche Herzmuskelerkrankungen (Myokarditis) oder Alkohol- und Drogenmissbrauch verantwortlich.


Gefährliche Entgleisung der Herzschwäche: Wie schützt man sich davor?


Eine Entgleisung der Herzschwäche (Herzdekompensation) ist einer der häufigsten Anlässe für eine Krankenhauseinweisung. „Für die Therapie der Herzschwäche ist eine aktive Rolle des Patienten enorm wichtig, um es gar nicht erst zur Verschlechterung der Herzkrankheit kommen zu lassen“, betont der Intensivmediziner. Zur Entgleisung kommt es, wenn etwa Medikamente weggelassen, falsch dosiert oder kombiniert werden. Oder wenn nicht auf einen gesunden Lebensstil durch Gewichtsnormalisierung, maßvolles Ausdauertraining 3-mal pro Woche jeweils 30 Minuten (bei stabiler Herzschwäche), gesunde Ernährung (Mittelmeerküche) und Verzicht auf Rauchen und Alkohol geachtet wird. „Besondere Aufmerksamkeit verdient das Körpergewicht, weil ein Anstieg um mehr als zwei Kilo in drei Tagen eine Tendenz zur Flüssigkeitseinlagerung, Ödeme genannt, anzeigt. Betroffene sollten sich daher täglich wiegen.“ Wegen der Einnahme von Entwässerungsmitteln (Diuretika) sollten Herzschwächepatienten übermäßigen Salzverbrauch im Essen und zu große Flüssigkeitsmengen (über 2 Liter am Tag) vermeiden. Auch eine Überlastung des ohnehin geschwächten Herzens durch eine bakterielle oder Virus-Infektion gilt es zu vermeiden. Da eine Covid-19-Erkrankung bei Herzpatienten zu schweren Krankheitsverläufen führen kann, kommt in Zeiten der Corona-Pandemie der Grippeschutzimpfung eine noch größere Bedeutung zu als zuvor. Die Deutsche Herzstiftung rät deshalb Herzpatienten, sich unbedingt gegen Grippe (Influenza) und Pneumokokken impfen zu lassen. Weitere Symptome bzw. Faktoren für eine Verschlechterung der Herzschwäche, auf die Patienten achten sollten, sind:

  • Lungenentzündungen – gehäuft bei Herzschwäche (überlasten geschwächtes Herz)
  • Beschleunigter Puls, Herzklopfen bei Belastung
  • Plötzliche Luftnotanfälle mit Todesangst (durch Blutstauung im Lungenkreislauf als
  • Folge einer Bluthochdruckkrise)
  • Schaumiger Husten, Rasselgeräusche beim Atmen

Beste Strategie gegen Herzschwäche: Behandlung der Ursachen und Folgen

Ziel der Therapie der Herzschwäche ist es, ihr Fortschreiten zu stoppen oder zu verlangsamen, die Sterblichkeit und Krankenhauseinweisungen zu verhindern und die Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern. „Die beste Strategie, mit der wir eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz und daraus folgende Begleiterkrankungen wie Nierenfunktionsstörungen und Atemwegserkrankungen vermeiden können, ist die Behandlung der Grundkrankheit und deren schädliche Wirkung auf den Herzmuskel“, betont Voigtländer. Insbesondere Durchblutungsstörungen durch KHK und Herzinfarkt, eine Schwächung des Herzmuskels durch Rhythmusstörungen und Herzklappendefekte gehen der Herzschwäche voraus. Deren Behebung ermöglichen kathetergestützte oder chirurgische Verfahren zur Beseitigung von Gefäßverschlüssen (Stent, Bypass-Operation), Klappendefekten (TAVI, MitraClip, chirurgischer Klappenersatz) oder Rhythmusstörungen (Vorhofflimmer-Ablation), um eine weitere Schwächung der Herzfunktion zu unterbinden.

Ein weiterer unverzichtbarer Therapiebaustein sind Herzschrittmacher. Eine Resynchronisationstherapie (CRT) mit speziellen Schrittmachern verbessert die Herzleistung bei Patienten mit einer Störung der Erregungsleitung im Herzen. Implantierbare Defibrillatoren (ICD) schützen Herzschwächepatienten, die durch eine bösartige Herzrhythmusstörung (Kammerflimmern) gefährdet sind, vor dem plötzlichen Herztod. „Schrittmacher und Defibrillatoren kommen nicht bei allen Herzschwäche-Formen gleichermaßen zum Einsatz. Ihr Nutzen muss für das individuelle Krankheitsprofil gesichert sein“, so der Kardiologe.

Um ein Voranschreiten der Pumpschwäche des Herzens zu verlangsamen oder aufzuhalten, kommen je nach Ursachen und Beschwerden verschiedene Medikamentengruppen zum Einsatz. Betablocker schirmen das Herz gegen Stresshormone ab. ACE-Hemmer und Sartane (auch Mineralkortikoidrezeptorantagonisten: MRAs) verhindern die schädlichen Umbauprozesse im Herzmuskelgewebe und steigern die Leistungsfähigkeit des Herzens, ARNI (Sacubitril/Valsartan) steigern körpereigene Schutzmechanismen vor einer Überstimulation im Herzen. Diuretika zur Behandlung der Flüssigkeitseinlagerungen im Körper entlasten das Herz, fördern aber auch die Ausscheidung von Mineralstoffen, was gefährliche Herzrhythmusstörungen begünstigen kann. Daher sollte besonders der Kaliumspiegel bei Einnahme von Entwässerungsmitteln regelmäßig kontrolliert werden. „Die konsequente, ärztlich abgestimmte Einnahme der Medikamente ist für den Behandlungserfolg ebenso wichtig wie die Therapie der Ursachen der Herzschwäche wie Bluthochdruck, Diabetes, hohes Cholesterin sowie Lebensstilmaßnahmen wie der Abbau von Übergewicht, der Verzicht aufs Rauchen und regelmäßige Bewegung.“

Schonung war früher: Bewegung als Therapie

Wo früher in der Herzmedizin Schonung bei Herzschwäche angeraten wurde, sind heute körperliche Aktivitäten mit viel Bewegung bei vergleichsweise geringem Kraftaufwand wie Spazierengehen, Wandern, Nordic Walking, Radfahren fester Bestandteil der Herzschwäche-Therapie. Allerdings muss mit dem Hausarzt oder Kardiologen die Belastbarkeit getestet werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich durch regelmäßiges Ausdauertraining je nach Intensität und Dauer die Leistungsfähigkeit um 10 bis 25 Prozent verbessern lässt, Krankenhausaufenthalte reduziert und die Sterblichkeit gesenkt werden.

Herzschwäche-Diagnostik: Schmerzfrei und zuverlässig

Besteht beim Hausarzt der geringste Herzschwäche-Verdacht, muss der Patient zum Kardiologen zur Beurteilung der Herzfunktion. Unterschieden wird zwischen der systolischen Herzschwäche, der Pumpschwäche in der Kontraktionsphase (Systole) des Herzens, in der das Herz das Blut in den Kreislauf pumpt, und der diastolischen Herzschwäche. Hier fehlt dem verdickten Herzmuskel der Entspannungsphase (Diastole) Elastizität – meist als Folge chronischer Druckbelastung durch Bluthochdruck –, um genügend Blut aufzunehmen. Unter anderem folgende Untersuchungsverfahren stehen zur Verfügung:

  • Ultraschall (Echokardiographie) für die Darstellung der Größe von Herzhöhlen,
    Bewegung der Herzwände, Herzmuskeldicke
  • Ruhe-EKG zur Abklärung von Herzmuskelverdickung/-versteifung, Herzinfarkt
  • Belastungs-EKG (Belastungseinschränkung, KHK)
  • Röntgenaufnahme des Brustkorbs
  • Katheteruntersuchung
  • Bluttest mit dem Biomarker NT-proBNP, ein Hormon, Überbelastung des Herzens anzeigt

Quelle: Deutsche Herzstiftung

Viele weitere Informationen auf der Seite der Herzstiftung

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